Regionale Kostenvariation
Ein wesentlicher, im aktuellen Risikostrukturausgleich nicht berücksichtigter Einflussfaktor auf die Kostenrisiken einer Krankenkasse, ist die regionale Verteilung ihrer Versicherten. Dies belegen zum einen deutlich abweichende Zusatzbeiträge zwischen einzelnen Kassen mit ähnlicher soziodemografischer Versichertenstruktur und zum anderen die Insolvenzen regional tätiger Krankenkassen bzw. deren Zwang zur Fusionierung. Zahlreiche empirische Studien belegen, dass die Ursachen für eine regionale Variation von Gesundheitsausgaben sowohl in angebots- als auch in nachfrageseitigen Faktoren liegen. Insbesondere die regionale Angebotsdichte von Haus- und Fachärzten oder Krankenhäusern, regionale Kodierunterschiede, aber auch Präferenzen bzgl. der Inanspruchnahme von Versorgungsleistungen oder die lokale Sozialstruktur werden als Einflussfaktoren diskutiert.
(Screenshot oben: Einwohner-je-Arzt Verhältniszahl grenzfrei berechnet nach der Methode gleitender Einzugsbereiche)
Versorgungssteuernde und zuweisungssichernde Maßnahmen lassen sich erst effizient gestalten, wenn sie explizit auf regionale Besonderheiten zugeschnitten sind. Grundlage für die Entwicklung zielgerichteter Instrumente ist eine valide Abbildung regionaler Versichertenverteilungen und Deckungsbeiträge sowie eine vertiefende Analyse von Strukturunterschieden als potentielle Determinanten einer geographischen Risikovariation.
Eine Schwierigkeit bei der Verwendung von Finanzkennzahlen räumlich aggregierter Gruppen liegt in der starren räumlichen Struktur und dem hieraus folgenden Problem der veränderbaren Gebietseinheiten (MAUP). Demnach sind Varianz und Mittel einer untersuchten Variable von der Aggregationsebene und dem geografischen Zuschnitt abhängig, d.h., dass Definition und Zuschnitt einer Region maßgeblich über die Ausprägung eines Indikators, z.B. der regionalen Deckungsquoten, entscheiden. Analysen, die dies nicht berücksichtigen, können zu verzerrten Ergebnissen und falschen Schlussfolgerungen führen.
Um dieses Problem zu beheben, hat das WIG2 Institut in mehreren Forschungsprojekten unter Verwendung geostatistischer Verfahren verschiedene Ansätze zur sachdienlichen Definition und dem optimalen Zuschnitt von Regionen entwickelt. So erlaubt bspw. die geographisch gewichtete Regression über den Einbezug distanzgewichteter Ähnlichkeiten die grenzfreie – und damit realitätsnähere – Abbildung von räumlichen Kostenstrukturen, Deckungsbeiträgen, Inzidenzentwicklungen oder Versorgungsstrukturen, die jenseits fixer Grenzen bestehen.
Neben den grenzfreien Konzepten hat das WIG2 Institut grundlegende Methoden entwickelt, um zweckmäßig nach verschiedenen Versorgungsgesichtspunkten optimierte sowie homogene Raumzuschnitte zu definieren. In einem Praxisprojekt zur Optimierung von regionalen Ausschreibungslosen konnte beispielsweise ein optimaler Gebietszuschnitt ermittelt werden. Diese Optimierung führt zu administrativen Einsparungen bei den Krankenkassen unter der Maßgabe einer optimalen Versorgungsqualität.
In der 4K ANALYTICS SUITE sind die unter Kostengesichtspunkten ermittelten Raumgrenzen der Versorgungsregionen sowie die regionalen Ausgleichszahlungen implementiert. In der Deckungsanalyse werden die regionalen Ausgleichszahlungen in der Deckungsstufe 8 abgebildet. Damit wird u.a. auch eine regionale Standardisierung der Versichertenpopulationen und somit ein regionales Benchmarking ermöglicht.